Ehe

Ich las gerade ein Interview mit Klaas Heufer-Umlauf, der darin auf schwierige Äußerungen von Annegret Kramp-Karrenbauer hinweist, die neue Frau an der Seite der Kanzlerin. Ich hab dann recherchiert und tatsächlich auch Äußerungen gefunden, die ich blöd fand (sowohl gestrig wie ängstlich wie elitär und dumm), aber interessanter fand ich den Rest des Artikels, den ich gefunden hatte:

Eine Reform der Ehe kann nicht darin bestehen, zu fordern, dass Schwule und Lesben, und nur Schwule und Lesben, überall in gleicher Weise erscheinen wie Familien: dass sie Hochzeiten feiern, in der Werbung für Familienautos auftreten und sich Kinder anschaffen. Das ist ein konsumistischer Ansatz, der Lebensweisen und die Anerkennung anderer als erwerbbares Produkt betrachtet, das eingefordert werden kann. So ergibt das wenig Sinn. Man kann nicht einfach sagen: Ehe bleibt Ehe, nur die Schwulen dürfen sie jetzt auch haben.

Der schon weitgehend vollzogene Übergang von der traditionellen zur definitorischen Ehe bedeutet automatisch, dass die Definition frei verhandelbar ist. Wenn man Familiengründung nicht mehr auf Mann und Frau begrenzt, dann muss man sie in der Tat ganz öffnen. Es gibt keinen überzeugenden Grund, eine Paarbeziehung zu verlangen, also Gruppen auszuschließen, die mehr als zwei Personen umfassen.

Der Hype um die Homo-Ehe zeigt vor allem eins: dass die Institution der Ehe an Bedeutung verloren hat. Die Eheurkunde wird vielfach nur noch als Zertifikat zur Erlangung des Anrechts auf Ehegattensplitting betrachtet. Die Ehe hat an Kraft verloren. Sie ist weniger eine Lebensform als ein beim Staat zu beantragender Status.

Quelle: http://www.theeuropean.de/thilo-spahl/10217-annegret-kramp-karrenbauer-und-die-ehe-fuer-alle

Das sind gute Begriffe! Definitorische Ehe, Erlangung des Rechts auf Ehegattensplitting. Gefällt mir. Ich muss an ein T-Shirt denken, das ich vor Urzeiten mal gekauft habe, es steht „Monogamie ist auch keine Lösung“ drauf. Das war vor allem ein markiger Spruch, aber im Grunde interessanter war die Tatsache, dass eine junge grüne Politikerin dahintersteckte, die das auch sehr politisch meinte: die Subventionierung von Zweierbeziehungen löst nicht die Probleme, von denen man sich wünscht, dass sie dadurch gelöst werden: Kinder in Sicherheit, füreinander einstehen. Es ist nicht das richtige Instrument, hat dusselige Nebenwirkungen (siehe Homo-Ehe sowie Armutsrisiko Alleinerziehend) und ist unzuverlässig (siehe Scheidung).

Die Dekonstruktion der Ehe macht mich sehr zufrieden.

3 Gedanken zu „Ehe“

  1. „Der Hype um die Homo-Ehe zeigt vor allem eins: dass die Institution der Ehe an Bedeutung verloren hat.“

    Kommt drauf an, welche Richtung des Hypes man sich ansieht. Für mich als Lesbe ist die Homoehe natürlich ganz anders zu bewerten als für jemanden, der mit dem Privileg aufwuchs, die Person heiraten zu können, die er liebt. Ich glaube, niemand kann sich vorstellen, was die Abstimmung in mir ausgelöst hat. Ich selbst war auch überrumpelt von den Gefühlen. Aber zum ersten Mal sind wir auf dem Papier keine Menschen zweiter Klasse mehr in Deutschland, unsere Beziehungen keine Beziehungen zweiter Klasse. Nur auf dem Papier. Aber immerfuckinghin. <3 Getrübt wird die Freude nur – wenn auch nur mäßig – davon, dass wir jetzt natürlich nochmal in die Tasche, monetär wie zeitlich, greifen müssen, um unsere Lebenspartnerschaft umschreiben zu lassen. Drölf beglaubigte Urkunden besorgen und dann zu zweit zum Amt. Romantisch.

    Dennoch bin ich natürlich dabei: Es ist total überfällig "Versorgungsmechanismen" zu schaffen, die auch für andere Konstellationen gelten. Ob nun drei Leute in einer romantischen Beziehung miteinander sind oder eine junge "alleinerziehende" Frau (ich mag diesen Begriff nicht, die sind alleingelassen und alleinverantwortlich und alleinfinanzierend – alleinerziehend ist mir viel zu kurz gefasst) ihr Kind in einem Mehrgenerationenhaushalt mit ihrer eigenen Mutter großzieht – überall da, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen, muss eigentlich eine rechtliche Verdrahtung geschaffen werden.

    1. Ich könnte nicht zuer stimmen und freue mich, dass du diese Inside-Perspektive hier noch ergänzt. (ergänzst?)
      Ich hab mich über diese Zitate sehr aus meiner Bubble heraus gefreut. :)

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