Freundschaften mit Thirtysomethings

Auf Twitter ging neulich was rum, bei dem es immer hieß „By the age of 35, you should…“ und dann halt was humoristisch relevantes. Ein Tweet war sinngemäß: Mit 35 solltest du mindestens zwei Freunde haben, die du in der Stadt triffst und ihr sagt „Wir sollten uns unbedingt mal wieder auf nen Kaffee treffen“ und es passiert nie.

Das zeigt mir, dass ich mit meiner Wahrnehmung nicht allein bin: Freundschaften werden schwieriger.

Ich hatte mir schon gedacht, dass es nach dem Studium schwieriger sein würde mit den Freundschaften, so viele Gleichgesinnte im gleichen Alter trifft man nirgends sonst, aber ich habe den Einfluss von Kindern, Hausbau und Pärchenlogik enorm unterschätzt. Die Leute haben einfach immer schon was vor, mit ihren Familien, ihrem Hausbau und ihren Partner*innen. Und natürlich bedingt sich das gegenseitig, weil alle Leute merken, dass niemand so richtig Zeit hat, also bringt man seine Schäfchen ins Trockene und gestaltet sich ein schönes Leben, bei dem es auf Freundschaften nicht so ankommt. Die Leute ziehen sich zurück in die Kernfamilie.

Das ist erstmal ne persönliche Entscheidung, aber ich finde das kritisch. Also, ich finde das auch kacke, ich mag Zeit mit Freunden, ich finde Freundschaften ungemein wertvoll und als Beziehungsanarchist sind meine Freunde mir ebenso wichtige Beziehungen wie meine Partnerschaften, weil es halt alles Beziehungen sind. Aber es ist auch einfach dusselig und schade, finde ich.

Ganz viele Leute versauern auch in ihren Kleinfamilien, denen fehlt was, bestimmte Seiten ihrer Persönlichkeit werden gar nicht abgerufen. Und dann machen wir genau das aus dem Tweet: Wir müssen uns unbedingt mal wieder treffen!

Aber mich nervt das. Ich will in Biergärten und Parks, ich will Ausstellungen sehen, ich will gemeinsam frühstücken oder Abendessen und über das sprechen, was los ist, und ich will das nicht einmal im Monat beim fucking Kaffeetrinken, ich will das eigentlich ständig, in wechselnden Konstellationen und mit einem Gefühl des So-Muss-Das, von Normalität und Zugehörigkeit.

Freundschaften sind cool! Einige meiner besten Freunde sind Freunde und Freundinnen.

Ich hab letztens in meiner Verzweiflung schon gedacht, man sollte einen Freundschaftstag haben: Dienstags ist Freundschaftstag, da wird halt irgendwas gemacht mit den Leuten, die Zeit haben (und es haben mehr Leute Zeit, weil ja alle wissen: es ist Freundschaftstag). Die Zeit ist begrenzt, seh ich ja ein, aber wenn alle den gleichen Slot öfter mal anpeilen, wenn wir als Freundeskreis ein bisschen mehr gestalten, dass unsere Leben miteinander zu tun haben sollen anstatt immer alles voll individuell und voll im Rückzug ins familiäre/ partnerschaftliche zu planen, dann wäre da selbstverständlich was möglich.

Das schöne Leben ist doch gar nicht aufwändig: Wir grillen! Wir sind im Park! Wir sind im Garten! Ich mache Fußball an (oder natürlich aus, weil man Autokraten, die die Krim annektieren und Syriens Assad stützen selbstverständlich boykottiert und nicht durch ein Jubeln während der WM normalisiert)!

Live the dream, people!

2 Gedanken zu „Freundschaften mit Thirtysomethings“

  1. Also ich sehe es genauso. Freundschaften sind enorm wichtig und das bedeutet einfach auch, dass man sich die Zeit nimmt um sich zu sehen. Ich finde die Idee eines Freundschaftstages gar nicht mal so schlecht. Ich habe auch Freunde, die in einer Partnerschaft leben und auch Kinder haben und sich dennoch immer noch die Zeit nehmen sich miteinander zu treffen und was zu unternehmen. Aber das bedarf halt eines Willens und etwas Managementfähigkeiten seitens der Person.

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