Soziale Sicherheit
Gerade ein spannendes Gespräch mit meinem AirBnB Host gehabt, der neugierig auf deutsche Politik war. Gar nicht so mein Spezialgebiet, denke ich immer, aber in der Antwort habe ich mich dann doch in Rage geredet und zwei Punkte benannt, die das Erstarken der AfD für mich erklären (und den starken Start des BSW gleich mit).
- Konfrontiert mit Wandel wenden Menschen sich reaktionären Ideen zu, weil sie versprechen, dass alles so bleibt wie es (in den 50ern…) war. So entgeht man dem unangenehmen Gedanken, dass die eigene Lebensführung nicht so weitergehen kann wie bisher.
- Menschen in Deutschland haben (teils zu Recht) das Gefühl, dass sie nicht sicher sind. Ihr Einkommen (egal wie hoch), ihr Job, ihr Wohnraum, alles kann schnell weg sein, durch Klimawandel, Krieg oder einfach Pech. Also lieber Klimawandel leugnen und kindische Lösungen für den Krieg vorschlagen.
Mein Host hat das schlau zusammengefasst und meinte „Ah, soziale Sicherheit“. Das ist insofern interessant, dass genau dieses Thema die letzten Landtagswahlen entschieden hat, er trifft also den Nagel auf den Kopf.
Nun kann man sich fragen, wieso man ausgerechnet Faschisten wählt, wenn man soziale Sicherheit will (und diese Grafik hier zeigt auch eher, dass AfD-Wähler das laut Selbstauskunft eigentlich gar nicht gemacht haben). Aber es macht ganz viel Sinn, wenn man sich fragt wieso man Parteien wählen sollte, die schon seit 10 Jahren (gefühlt) nichts geändert haben.
Mein Punkt an der ganzen Sache ist: Wir brauchen eine positive Betrachtung von Veränderung, Leute müssen sich freuen auf die entstehenden Jobs durch die Energiewende, die ruhigeren Städte durch die Verkehrswende, die bessere Arbeit durch New Work-Prinzipien und Arbeitnehmer*innen-Rechte.
Außerdem ist es essenziell, dass die Leute sich nicht gefährdet fühlen – das meine ich vor allem wirtschaftlich, aber ich schätze auch durch Kriminalität. Ich finde leider die Quelle nicht mehr, aber letztens fand ich Infos dazu, dass jeder Euro, den Leute mehr in der Tasche haben, messbar das Abstimmungsverhalten weg von extremen Parteien verursacht.
Die rückwärtsgewandte Strategie, Grenzen dicht zu machen, scheint mir dabei teilweise zu punkten (Sicherheitsgefühl von manchen Leuten), aber ist mir natürlich konzeptuell nicht fantasievoll genug und außerdem halt ausländerfeindlicher Mist. Viel interessanter fände ich auch hier, wieder mehr Begeisterung für Möglichkeiten zu wecken, aber das ist natürlich schwieriger als das Wecken von Ressentiments…